Schritt 4
- Marnix Brenninkmeijer
- May 23, 2016
- 3 min read
Im Hintergrund brennt ein Kamin auf der Leinwand. Die Leiche liegt vulgär verkrampft vorne auf der Bühne. Um ihren Hals ist ein Strick gewickelt. Links auf der Bühne ist ein Ledersessel platziert, und zeigt vom Publikum weg. Die Oberschwester macht Bizeps Übungen, Blocher/Guhl/Gerichtsmediziner kommt als Guhl herein.
INSPEKTOR: »Man darf doch E-Zigarette rauchen?«
OBERSCHWESTER: »Es ist nicht üblich.«
INSPEKTOR: »Pardon.«
Er steckt die E-Zigarrette zurück.
OBERSCHWESTER: »Eine Tasse Tee ?«
INSPEKTOR: »Lieber Jägermeister.«
OBERSCHWESTER: »Sie befinden sich in einer Heilanstalt.«
INSPEKTOR: »Dann nichts. Blocher, photographieren.«
BLOCHER: »Da, Herr Inspektor.«
Nimmt Handy raus und photographiert
INSPEKTOR: »Wie hieß die Schwester?«
OBERSCHWESTER: »Irene Strauß.«
INSPEKTOR: »Alter?«
OBERSCHWESTER: »Zweiundzwanzig. Aus Dortmund.«
INSPEKTOR: »Angehörige?«
OBERSCHWESTER: »Ein Bruder in der Ostschweiz.«
INSPEKTOR: »Benachrichtigt?«
OBERSCHWESTER: »Telephonisch.«
INSPEKTOR: »Der Mörder?«
OBERSCHWESTER: »Bitte, Herr Inspektor - der arme Mensch ist doch krank.«
INSPEKTOR: »Also gut: Der Täter?«
OBERSCHWESTER: »Ernst Heinrich Ernesti. Wir nennen ihn Einstein.«
INSPEKTOR: »Ernsthaft, Warum?«
OBERSCHWESTER: »Weil er sich für Einstein hält.«
INSPEKTOR: »Ach so.« Er wendet sich zum stenographierenden Polizisten. »Haben Sie die Aussagen der Oberschwester, Guhl?«
Blocher-Guhl-Gerichtsmediziner dreht sich mit Guhl’s Gesicht zum Publikum.
GUHL: »Yeah Homie«
INSPEKTOR: »Auch erdrosselt, Doktor?«
GERICHTSMEDIZINER: »Clearly. Mit der Schnur der Stehlampe. Diese yahoos. Gestikuliert Kreise am Kopf. Entwickeln oft gigantic Kräfte. Es hat etwas Brosartiges. Er hebt die Hand für einen High-five. »Oooh«
INSPEKTOR: »So. Finden Sie.« Die Leiche gibt Guhl einen High-Five. »Dann finde ich es (betont) unverantwortlich, diese Irren von Schwestern pflegen zu lassen. Das ist nun schon der zweite Mord.«
OBERSCHWESTER: »Bitte, Herr Inspektor.«
INSPEKTOR: » - der zweite Unglücksfall innert drei Monaten in der Anstalt >Les Cerisiers<.« Er zieht ein Notizbuch hervor. »Am zwölften August erdrosselte ein Herbert Georg Beutler, der sich für den großen Physiker Newton hält, die Krankenschwester Dorothea Moser.« Er steckt das Notizbuch wieder ein. »Auch in diesem Salon. Sie sind für die kranken hier verantwortlich. Mit Pflegern wäre das nie vorgekommen.«
OBERSCHWESTER: »Glauben Sie? Schwester Dorothea Moser war Mitglied des Damenringvereins und Schwester Irene Strauß Landesmeisterin des nationalen Judoverbandes.«
INSPEKTOR: »Und Sie?«
OBERSCHWESTER: »Ich stemme.«
INSPEKTOR: »Kann ich nun den Mörder - «
OBERSCHWESTER: »Bitte, Herr Inspektor.«
INSPEKTOR: » - den Täter sehen?«
OBERSCHWESTER: »Er bloggt.«
INSPEKTOR: »Was heißt: Er bloggt?«
OBERSCHWESTER: »Er schreibt einen Reisebericht.«
INSPEKTOR: »Dann soll er bitte aufhören.« Da die Oberschwester nicht reagiert »Ich habe ihn zu vernehmen.«
OBERSCHWESTER: »Geht nicht.«
INSPEKTOR: »Warum geht das nicht?«
OBERSCHWESTER: »Das können wir ärztlich nicht zulassen. Herr Ernesti muß jetzt bloggen.«
INSPEKTOR: »Der Kerl hat schließlich eine Krankenschwester erdrosselt! Sie verbergen mir etwas. Spucken sie es aus!«
OBERSCHWESTER: »Herr Inspektor. Niemand hier ist ein Geheimagent. Das hier ist eine Heilanstalt, kein FBI Revier. Es handelt sich nicht um einen Kerl, sondern um einen kranken Menschen, der sich beruhigen muß. Und weil er sich für Einstein hält, beruhigt er sich nur, wenn er bloggt.«
INSPEKTOR: »Bin ich eigentlich verrückt?«
OBERSCHWESTER: »Nee.«
INSPEKTOR: »Man kommt ganz durcheinander. Er wischt sich den Schweiß ab. Heiß hier.«
OBERSCHWESTER: »Durchaus nicht.«
INSPEKTOR: »Oberschwester Marta. Holen Sie bitte die Chefärztin.«
OBERSCHWESTER: »Geht auch nicht. Fräulein Doktor begleitet Einstein beim Bloggen. Einstein beruhigt sich nur, wenn Fräulein Doktor ihn begleitet.«
INSPEKTOR: »Und vor drei Monaten mußte Fräulein Doktor mit Newton Schach spielen, damit der sich beruhigen konnte. Darauf gehe ich nicht mehr ein, Oberschwester Marta. Ich muß die Chefärztin jetzt sprechen.«
OBERSCHWESTER: »Bitte. Dann warten Sie eben.«
INSPEKTOR: »Wie lange dauert das Bloggen noch?«
OBERSCHWESTER: »Eine Viertelstunde, eine Stunde. Je nachdem.«
INSPEKTOR (beherrscht sich): »Schön. Ich warte.« Er brüllt »Ich warte!«
BLOCHER: »Wir wären fertig, Herr Inspektor.«
INSPEKTOR (dumpf): »Und mich macht man fertig.« Stille. »Der Inspektor wischt sich den Schweiß ab.«
INSPEKTOR: »Ihr könnt die Leiche hinausschaffen.«
BLOCHER: »Da, Herr Inspektor.«
Konstantin rollt die Leiche hinaus.
OBERSCHWESTER: »Ich zeige den Herren den Weg durch den Park in die Kapelle.«
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